10 Dez.

Praxis-Check 3D-Druck mit der Porzellanmanufaktur Fürstenberg: Einscannen von hoch reflektivem Porzellan, wie viel Geld muss man investieren? 

Das Unternehmen

Im beschaulichen Fürstenberg an der Weser im Süden Niedersachsens produziert ein Traditionsunternehmen seit über 250 Jahren hochwertiges Porzellan. Die Porzellanmanufaktur Fürstenberg (im Folgenden kurz Fürstenberg) zeichnet sich unter anderem durch ihre Teeservices mit hauchzarten Wandstärken aus, die in Luxushotels auf dem gesamten Globus zu finden sind. 

Der stereolithografische 3D-Druck mit Kunstharzen ist bei Fürstenberg bereits fester Bestandteil des Designprozesses von neuen Produkten. Nach dem Zeichnen des Volumenkörpers kann dieser direkt gedruckt werden, was die Handarbeit reduziert und gleichzeitig die Präzision und Formkonformität erhöht. In unserem Bericht aus dem November können Sie mehr über den Einsatz von Additiver Fertigung bei Fürstenberg erfahren! 

Die Idee

Fürstenberg möchte sich für die Zukunft wappnen. Neben dem bemerkenswerten Einsatz von 3D-Druck im Prozess der Prototypen- und Formenherstellung, möchte das Unternehmen eine digitale Bibliothek ihrer aktuellen aber vor allem früheren Produkte erstellen. Von den meisten, älteren Produkten gibt es aber keine Rohlinge oder Zeichnungen mehr. 

Die besondere Herausforderung beim Anwendungsfall von Fürstenberg, liegt in zwei entscheidenden Eigenschaften der Porzellanteile: diese sind in den meisten Fällen hoch reflektiv und weitestgehend rotationssymmetrisch. Stark reflektierende Flächen führen häufig zu Fehlern bei lichtbasierten Scannern und rotationssymmetrische Objekte sind schwierig zu erfassen, da die Scanprogramme charakteristische Stellen benötigen, auf die sie ihre Daten im Raum referenzieren können. 

Mit einer Espresso-Tasse mit bekannten Maßen sollte die Qualität der computertomographischen (CT) Aufnahme abgeglichen werden. Da das CT-Gerät am LZH für kleine Proben ausgelegt ist, ist die Tasse gut geeignet für eine Aufnahme. 

Von größerem Interesse ist ein Champagnerbecher, der ein feines Muster aufweist, das gleichmäßig über den Becher verteilt ist. Der Becher vereint die beiden größten Herausforderungen einer Aufnahme von Porzellanteilen: er ist sowohl hoch reflektiv als auch rotationssymmetrisch. Dieser Becher wurde mit verschiedenen optischen Scansystemen erfasst, um zu ermitteln, welches die Struktur des Bechers korrekt wiedergibt. 

Ergebnisse

Um einen günstigen Einstieg zu ermöglichen, wurde der 3D-Scanner Einscan SP der Marke Shining 3D für den Anwendungsfall der Firma Fürstenberg erprobt. Mit einem Kaufpreis von etwa 2 k€ gehört der Einscan zu den günstigsten 3D-Scannern. Dabei handelt es sich um ein verhältnismäßig günstiges und handliches Gerät, das aus einem Drehteller, auf dem man das zu scannende Objekt platziert, und einer festinstallierten Scan-Einheit besteht. Das Scannen mit dem Scanner funktioniert weitestgehend automatisch. Das zu scannende Objekt muss sauber sein und fest auf dem Drehteller platziert werden. Um stark reflektierende Oberflächen, wie Porzellan, einzuscannen, kann es hilfreich sein, das Objekt mit einem Mattierungsspray zu besprühen. Nach wenigen Stunden haben sich diese Sprays vaporisiert und hinterlassen keine permanente Veränderung auf dem Objekt. 

Das Institut für Integrierte Produktion Hannover besitzt ein ZEISS GOM-System, das zum Premiumsegment der Licht-basierten Scanner zuzuordnen ist und um die 40 k€ kostet. Um abzuschätzen, ob sich die Anschaffung eines teuren Systems für Fürstenberg lohnt, wurde der Champagnerbecher gescannt. Der Scan mit einem ZEISS GOM-System läuft, vergleichbar mit dem Einscan SP-Scanner, in mehreren Schritten ab und liefert hochpräzise 3D-Daten. Zunächst wird das zu scannende Objekt auf einer stabilen Plattform oder einem Drehteller platziert. Das ZEISS GOM-System nutzt eine strukturierte Lichtprojektion, um das Objekt zu erfassen. Dabei wird ein Lichtmuster auf die Oberfläche projiziert, und die integrierten Kameras erfassen die Verformungen dieses Musters. Diese Bilddaten werden in der Software zu einer dichten Punktewolke zusammengeführt, die die Geometrie des Objekts exakt abbildet. In Abbildung 1 sind das Scanergebnisse des Einscan SP und des ZEISS GOM-Systems gegenübergestellt. In der für Fürstenberg relevanten Anwendung unterscheiden sich die Ergebnisse nur unwesentlich. 

Ergebnisse der Licht-basierten Scans: oben der kostengünstige Einscan SP von Shining 3D, unten das hochpreisige ZEISS GOM-System. Rot eingekreist sind Bereiche, in denen die Scans nicht optimal sind.

Da Fürstenberg an dreidimensionalen Daten ihrer Produkte interessiert ist, liegt es nahe, ein tomografisches Verfahren zu nutzen. Mit einem Computertomographen des LZH (CT, nanotom), der für Proben bis 20 x 20 x 20 cm ausgelegt ist, hat Niedersachsen ADDITIV die Espresso-Tasse aufgenommen. Das CT erlaubt eine sehr hohe Auflösung des Volumens mit wenigen Mikrometern Genauigkeit, allerdings bedarf die Bedienung langer Erfahrung, um die bestmöglichen Aufnahmen zu erhalten. 

Das Volumen und Schnittbilder sind in Abbildung 2 zu sehen. Die Daten lassen gute Erkenntnisse bzgl. Form und Fehlstellen innerhalb der Tasse zu. Allerdings dauert eine Aufnahme mit einem CT üblicherweise mehrere Stunden und die Geräte haben sechsstellige Anschaffungspreise. Wie bei der Additiven Fertigung gibt es auch für CT-Aufnahmen Dienstleister, die beauftragt werden können. Allerdings sind hier hohe Preise zu erwarten, vor allem, wenn es nur um gelegentliche Aufträge geht. 

Drei verschiedene, digitale Schnitte durch die rekonstruierte CT-Aufnahme einer Espressotasse. Unten rechts ist ein Rendering der Tasse zu sehen.

Fazit

Im Praxis-Check 3D-Druck mit Fürstenberg konnte gezeigt werden, dass sich hoch reflektierende und rotationssymmetrische Objekte gut mit Licht-basierten Scannern aufnehmen lassen. Ein CT kann für kleine Objekte mit innenliegenden Strukturen ebenfalls eine gute Option sein, aufgrund der sehr hohen Anschaffungskosten lohnt sich in den meisten Fällen nur, für Einzelteile einen Dienstleister in Anspruch zu nehmen. 

Fürstenberg hat sich für die Anschaffung eines Scanners mit Drehteller entschieden und nutzt ihn seitdem für die Digitalisierung und Archivierung ihrer Porzellane.