07 Jul

18) Gibt es Besonderheiten bei der Konstruktion zu beachten?

Ja, deshalb sollte sich der Konstrukteur im ersten Schritt mit den Potenzialen der Additiven Fertigung vertraut machen und nicht einfach konventionelle Bauteile nachdrucken. Diese Potenziale lassen sich im Wesentlichen in Form von zehn Gestaltungszielen zusammenfassen (siehe Tabelle).

  • Je nach Additivem Fertigungsverfahren können z.B., wie auch beim Gießen, Schwindungen und Verzüge auftreten.
  • 3D-gedruckte Bauteile erfordern nicht selten eine Nachbearbeitung in einem oder mehreren Schritten. Diese Prozesse muss der Konstrukteur frühzeitig in die Konstruktion einbeziehen. Muss das Bauteil etwa mittels Drehen oder Fräsen nachbearbeitet werden, muss der Konstrukteur, wenn das Bauteil überwiegend aus Freiformflächen besteht, Einspannflächen vorsehen.

Die Gestaltungsfreiheit ist bei der Additiven Fertigung im Vergleich zur konventionellen Fertigung deutlich größer. Dennoch sind auch hier Fertigungsrestriktionen einzuhalten, die beispielsweise in Form von Gestaltungsrichtlinien aufbereitet werden (siehe Bild).

Tabelle: Gestaltungsziele in der Additiven Fertigung. [Quelle: Lippert, R. B.: Restriktionsgerechtes Gestalten gewichts-optimierter Strukturbauteile für das Selektive Laserstrahlschmelzen. TEWISS Verlag, 2018]
# Gestaltungsziel Beschreibung
1 Materialersparnis Reduzierung des Materialeinsatzes sowie Ressourceneinsparung durch Erhöhung der Materialausnutzung.
2 Funktionsintegragtion Umsetzung einer möglichst großen Anzahl technischer Funtionen durch einen minimalen Einsatz an Bauteilen.
3 Dünnwandigkeit Einsatz von dünnwandigen und filigranen Geometrien zur Reduzierung des Gewichts bei konstanten Rahmenbedingungen.
4 Kraftflussanpassung Materialanordnung entsprechend der Beanspruchungen zur Gewichtsreduktion oder Verbesserung der mechanischen Bauteileigenschaften.
5 Integrierte Kanäle Verwendung von innenliegenden Kanälen für die Erfüllung spezifischer Anwendungen, wie die Durchströmung mit Flüssigkeiten oder die Integration von Kabelführung.
6 Mass Customization Adaption eines Bauteils an spezifische Kundenanforderungen durch individuelle Lösungen oder die Einbeziehung des Kunden in den Produktentwicklungsprozess.
7 Design Umsetzung von freiformflächen sowie Erhöhung der Ergonomie und Nutzbarkeit eines Bauteils.
8 Net-Shape Geometrien Umsetzung von vordefinierten, komplizierten Fertigteilflächen auf Basis von Simulationsergebnissen, wie z.. strömungsoptimierte Flächen oder Lichtverteilungen.
9 Lokale Eigenschaftsanpassung Lokale Einstellung der Eigenschaften eines Voxels (ein Gitterpunkt in einem dreidimensionalen Gitter) durch Materialgradierung oder Parametervariation.
10 Innere Effekte Umsetzung von aktorischen oder sensorischen Eigenschaften durch Pulvereinlagerungen, Variation des Aufschmelzverhaltens oder geometrischen Maßnahmen.
Bild: Gestaltungsrichtlinien in der Additiven Fertigung. [Quelle: Lippert, R. B.: Restriktionsgerechtes Gestalten ge-wichtsoptimierter Strukturbauteile für das Selektive Laserstrahlschmelzen. TEWISS Verlag, 2018]