06 Sep

Praxis-Check 3D-Druck Induflex GmbH

Ob O-Saft oder Milch: Viele Getränke kommen im Karton daher. Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass die Induflex Sondermaschinen GmbH an der Herstellung beteiligt war: Das Unternehmen aus dem Landkreis Verden bringt Verschlüsse und Ausgießer auf Getränkeverpackungen an und nutzt dazu auf den jeweiligen Kunden spezialisierte Maschinen. Mit Hilfe von 3D-Druck möchte das Unternehmen seine Betriebsabläufe optimieren – und schauen, ob sich Prototypen für Ausgießer und Deckel umweltfreundlicher herstellen lassen.

Das Unternehmen


Die Induflex Sondermaschinenbau GmbH ist Teil der Induflex Gruppe, in der mittelständische Unternehmen mit unterschiedlichen Aufgaben aus Maschinenbau, Ingenieursleistungen, Oberflächenveredelung und technischen Dienstleistung international beschäftigt sind.

Name
Induflex Sondermaschinenbau GmbH
Standort
27337 Blender (Landkreis Verden)
Mitarbeiter
10 bis 49
Website
sslsites.de/shop.induflex-gmbh.de/


Die Idee

Die Idee, Prototypen von Kappen und Ausgießern für Getränkekartons additiv zu fertigen, hatte Induflex schon vor längerer Zeit. Das Unternehmen hat bereits Erfahrungen mit externen 3D-Druck-Dienstleistern gesammelt. Allerdings bedeutet die Beauftragung eines externen Dienstleisters auch immer einen gewissen Zeitverzug in der Produktion. Vom Selber-Drucken erhofften sich Produktdesigner Kevin Morgan und Corporate Communications Manager Eric Scheufele aber nicht nur mehr Schnelligkeit. Auch die Möglichkeit, die Kappen und Ausgießer aus kompostierbaren Materialien zu fertigen, sollte in Zusammenarbeit mit dem Expertenteam von Niedersachsen ADDITIV getestet werden. Dieser Gedanke spielte für das Unternehmen auch vor dem Hintergrund der EU-Richtlinie 2019/904 für Kunststoffprodukte eine Rolle: Im Idealfall könnte sowohl für die Prototypen als auch für die späteren in Serienfertigung hergestellten Produkte das gleiche kompostierbare Material verwendet werden.        

Die Umsetzung

Im ersten Schritt hat Induflex Niedersachsen ADDITIV die CAD-Dateien von einem Deckel und Ausgießer zukommen lassen, die in Zukunft selbst gedruckt werden sollen (siehe Fotos). 

Wichtig war natürlich, dass man den Deckel später auf den Ausgießer drehen kann.

Um das optimale Verfahren für Induflex herauszufinden, wurden im nächsten Schritt Muster mittels drei prinzipiell geeigneter Prozesse gedruckt: Dem Stereolithografie-Verfahren (SLA-Prozess), dem selektiven Lasersinterprozess (SLS-Prozess) und dem FDM-Prozess (Fused Deposition Modeling).

Mit dem FDM-Prozess zeigen die Muster eine ausreichende Detailauflösung. Auch mittels SLS-Prozess ließen sich Muster aufbauen, die eine ausreichende Detailauflösung haben. Allerdings war die poröse Oberfläche, die beim SLS-Prozess typisch ist, nicht ansprechend. Zudem sind auch einfache SLS-Maschinen in der Regel erheblich teurer als FDM- und SLA-Maschinen.

Als dritter Prozess wurde der Stereolithografie-Prozess getestet. Mittels dieses Prozesses lassen sich die höchsten Auflösungen erreichen. Auch aufgrund der gegenüber dem FDM-Prozess höheren Baugeschwindigkeit bietet sich daher für die Induflex GmbH die Stereolithografie am ehesten an – wenn man die Materialfrage zunächst außer Acht lässt.

Nun ging es im nächsten Schritt darum, Prototypen aus kompostierbarem Material herzustellen. Die Experten von Niedersachsen ADDITIV testeten hierfür mehrere kompostierbare Kunststoffe.

Hier erschien wiederum als Prozess nur das FDM-Verfahren sinnvoll, denn die Materialien des SLA-Prozesses sind nicht kompatibel mit der erwähnten EU-Richtlinie 2019/904. Verdruckt wurden zunächst ein Filament, das zu 100 Prozent kompostierbar ist, und dann ein PLA-basiertes Compound aus nachwachsenden Rohstoffen, das ebenso komplett kompostierbar ist. Allerdings erfüllen beide Materialien nicht die strikten Anforderungen an Kompostierbarkeit der EU-Richtlinie in der jetzigen Fassung.

Um dies für den FDM-Drucker verwenden zu können, musste der Kunststoff zunächst am Institut für Integrierte Produktion (IPH) in Filamentform gebracht werden. Die im nächsten Schritt mit FDM-Druck hergestellten Muster waren zufriedenstellend. Der große Vorteil: Der Kunststoff kann als Granulat auch für den Spritzguss verwendet werden, so dass für Prototyping und für die Serienfertigung das gleiche Material eingesetzt werden könnte. Allerdings ist die EU-Richtlinie zu (Einweg-)Kunststoffprodukten zum aktuellen Zeitpunkt noch zu unspezifisch, als dass das Team von Niedersachsen ADDITIV eine aussagekräftige Materialauswahl tätigen kann.

Das Ergebnis

Klare Sache: Für den 3D-Druck von Prototypen ist für die Induflex Sondermaschinen GmbH ein Stereolithografie-Drucker am sinnvollsten. Bei diesem ist die Auflösung hoch genug und die Auswahl an Materialien groß genug.

Bei der Frage, ob zukünftig kompostierbares Material für Prototypen und auch Serienfertigung verwendet werden kann, ist momentan noch nicht abschätzbar, welche Materialien genau laut der EU-Richtlinie 2019/904 in Frage kommen. Ein möglicher erster Ansatz ist hier die Verwendung eines FDM-Druckers, mit dem es jetzt schon möglich ist, verschiedene kompostierbare Materialien, die in Granulat-Form vorliegen, zu drucken.

Beim Prototypen-Druck könnte sogar das gleiche Kunststoff-Granulat verwendet werden, welches auch für den Spritzguss-Prozess in der Serienfertigung zum Einsatz kommt. Hierzu muss vor dem FDM-Druck entweder ein Extruder vorgeschaltet oder auf einen auf dem Markt auch erhältlichen FDM-Drucker mit Granulat-Zufuhr zurückgegriffen werden.

Ausblick

Da es noch keine kommerziell verfügbaren Materialien gibt, die die Anforderungen an die Kompostierbarkeit nach der EU-Richtlinie 2019/904 erfüllen, wird das Unternehmen Induflex in nächster Zeit Deckel und Ausgießer für Getränkepackungen verarbeiten, die miteinander verbunden sind, und somit nicht von der EU-Richtlinie betroffen sind. Die Prototypen können mit dem Stereolithografie-Verfahren gedruckt werden.

Sobald ein geeignetes Material verfügbar ist, kann ein neuer Anlauf unternommen werden, um (nach EU-Richtlinie) vollständig kompostierbare Ausgießer und Deckel mittels 3D-Druck herzustellen.


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